Schwarz gegen Weiß - wer wird hier gewinnen?
GSO vs. Leitz 8" Newton
Nur kurz nach meiner ersten direkten Bekanntschaft mit einem Newtonteleskop aus fernöstlicher Fertigung fiel mir unerwarteterweise gleich ein Doppeltest zu. Die Kandidaten: ein 8" GSO (Guan Sheng Optical) Newton mit 800mm Brennweite, gefertigt in Taiwan, und ein unter der Marke Leitz vertriebener 8" Newton mit 900mm Brennweite, gefertigt in China. Ich übernahm beide Teleskope zum Test aus den Händen von Herrn Z., eines Kunden von Herrn Rhemann, Astrostudio Kamera. Beide Teleskope konnten in der Abbildungsleistung nicht befriedigen. Ok, einerseits sind derart "schnelle" Newtonoptiken sehr heikel zu kollimieren, andererseits ist man speziell in diesem Niedrigpreis-Segment nicht vor groben Herstellungsfehlern gefeit. Es sollte mein "Job" sein, die Optiken einem eingehenden Test zu unterziehen.
Ich übernahm beide Teleskope gut verpackt in ihren Originakartons. Rohrschellen und Sucher waren jeweils inkludiert.
Der GSO macht einen sehr kompakten Eindruck. Der Tubus ist aus einem gefalzten Blechrohr gefertigt und schwarz glänzend lackiert. Zusammen mit der dreiarmigen Spinne und dem 1.25" Auszug weist dies auf ein Modell älterer Bauart hin. Die neuen GSO Modelle sind silberfarben, haben eine vierarmige Spinne und einen 2" Auszug.
Oben und unten am Tubus gibt es stabile Endringe. Die Hauptspiegeljustierung erfolgt über je drei Zug- und Druckschrauben, die von Hand zu bedienen sind, und eine etwas ungewohnte Anordnung aufweisen: die Druckschrauben sind jeweils mittig zwischen den 120 Grad versetzen Zugschrauben platziert. Der Zahnstangenfokussierer macht zwar einen durchaus soliden Eindruck und lässt sich mit sanftem Fingerdruck fein verstellen, allein bei einem derart kurzbrennweitigen "Foto-Newton" würde man doch einen 2" Fokussierer erwarten. Der Drawtube ist zwar etwas größer im Durchmesser, man kann den 1.25" Reduzierring abschrauben, hat dann aber nur mehr ein Außengewinde. Eine Kamera lässt sich mittels eines Spezialadapters anschließen. Wie oben beschrieben kommen die GSO nun aber mit 2" Auszug, was sehr zu begrüßen ist, genauso wie die nun vierarmige Spinne.
Der Fangspiegel sitzt in einer Kunststoffzelle, und wird mit einer grobschlächtig wirkenden Halteklammer gesichert. Die Justierung des Fangspiegels erfolgt über drei Kreuzschlitzschrauben. Die Schrauben ließen sich aber ohne Problem auch per Hand bewegen. Das hat einen recht soliden und keineswegs flimsigen Eindruck hinterlassen. Der Sucherhalter ist mit einer Prismenschiene versehen, die von einem kräftigen Schuh am Tubus sicher geklemmt wird. Die Sucherjustierung bleibt so von einem zum anderen Mal erhalten. Er lässt sich übrigens auch leicht justieren, weil nur zwei Schrauben bedient werden müssen, den dritten Gegenpunkt bildet eine Feder. Einziges Manko ist der 6x30 Sucher, der aber bei neuen Modellen auch schon durch ein standesgemäßes Stück mit 50mm Öffnung ersetzt wurde.
Die Justierung des GSO war weitgehend in Ordnung. Der Fangspiegel war richtig positioniert und brauchte nur einen Deut Nachjustierung, der Hauptspiegel war ein wenig dejustiert, aber weit genug, um bei einer schnellen f/4 Optik die Abbildung nachhaltig zu beeinträchtigen.
Der Leitz wirkt durch seine etwas längere Brennweite doch schon deutlich schwerer und etwas unhandlicher, na, nicht wirklich unhandlich, aber man spürt rein beim Angreifen, dass er nach einer massiveren Montierung verlangt. Der Tubus ist aus einem geschweißten Blechrohr gefertigt, und weiss glänzend lackiert. Die Tubusendringe und Rohrschellen weisen grüne Hammerschlaglackierung auf, im typischen "Vixen-Look". Die Tubusmechanik gleicht in vielen Details derer an den Meade Schmidt-Newton's, auch ein bisserl Skywatcher ist dran zu finden. So sehen die Tubusendringe, die Hauptspiegelzelle mit den Justierschrauben, die Rohrschellen, der Sucher mitsamt Sucherhalterung, der Fokussierer, exakt gleich aus wie bei den Meade Schmidt-Newton's. Diese Hauptspiegel Zug- Druck Justierschrauben kenne ich schon vom Skywatcher 10" Dob, auch die aufschraubbaren 2" und 1.25" Reduzierstücke am Fokussierer erinnern an Skywatcher. Einziger großer Unterschied zu den Meade Schmidt-Newton's: Vorne am Tubus findet man beim Leitz eine vierarmige Guss-Spinne mit allerdings relativ dünnen Armen, der Fangspiegelhalter ist wiederum gleich wie bei Meade.
Der Fokussierer ist nicht so feinfühlig wie der des GSO, und eine innen vorstehende Niete oder Schraube, mit der die Zahnstange am Drawtube befestigt ist, verhindert, dass man 2" Okulare ordentlich stecken kann - sie stehen nach einem Zentimeter schon innen an, einfach ärgerlich. Die Justierung an diesem Gerät war höchst problematisch. Der Hauptspiegel weist im Gegensatz zum GSO keine Mittenmarkierung auf, und die Justierschrauben müssten auf den drei Rippen des Fangspiegelhalters angreifen, sie sind aber schlicht so verbohrt, dass der Fangspiegel nicht justiert werden konnte, weil er achsverdreht saß. Diesen Fehler hatte der Herr Z. bereits erkannt, und ein dünnes Aluplättchen beigelegt, damit die Optik überhaupt die Voraussetzungen für eine korrekte Justierung erbringen konnte. Allerdings war die Justierung schlecht. Der Fangspiegel war nicht richtig unter dem Fokussierer platziert, war zu weit vorne im Tubus (das kommt mir ebenfalls vom Meade Schmidt-Newton bekannt vor). Ich konnte mit den Schrauben den Fangspiegel gerade noch richtig positionieren, dann war aber trotz eingelegtem Aluplattl der Weg der Justierschrauben so gut wie am Ende. Und ohne Mittenmarkierung am Hauptspiegel wird man eine f/4.4 Optik auch nicht wirklich perfekt justieren können, ich hab's halt einmal grob bei Tageslicht zusammenjustiert.
Beide Teleskope waren damit bereit für einen ersten "Antest". Als Montierung diente jeweils meine Vixen SP-DX, die mit dem GSO noch recht gut zurecht kam, den "Leitz-Brocken" aber gerade noch verkraftete. Zusammen mit dem etwas störrischen Fokussierer gab es demgemäß stärkere Schwingungen.
Der GSO absolvierte sein "First Light" in meinem Test in der Nacht vom 11. auf den 12. April 2003. Testobjekte waren der Viertelmond, Jupiter, M44, M3, Regulus und Arcturus. Nicht einmal mit dem 22mm Panoptic Okular (36x), das praktisch jedem Teleskop eine gute Abbildung zu entlocken vermag, zeigte der GSO saubere Sterne. Der Mond war bei 80x noch einigermaßen scharf zu sehen, bei 160x war die Abbildung unbefriedigend. Detto bei Jupiter. Nicht zu sprechen von der typischen Koma einer f/4 Optik, auch die Justierung war weitgehend ok, ich musste den Hauptspiegel am Stern nur ein klein wenig nachjustiert. Helle Sterne waren bei 80x noch als dickliche "Knödel" mit den durch die dreiarmige Spinne typischen, beugungsbedingten 6 Spikes zu sehen, bei 160x war ein Stern aber nur mehr eine "Kraxn" mit Zipfeln nach etlichen Richtungen. Der Startest zeigte Astigmatismus, Pinching, und einen auffallend verdepschtes Beugungsbild. Auf einer Seite des Fokus einseitig eingedellt, auf der anderen Fokusseite und der entgegengesetzten Richtung ein längerer "Lichtausbruch". Der Test auf Sphärische Aberration zeigte zu Beginn eine kräftige Überkorrektur, die im Laufe des Austemperierens auf einen recht milden Wert zurückging. Insgesamt zu viel der unguten Dinge. Das wollte genauer untersucht werden.
Der Leitz absolvierte sein "First Light" in meinem Test unter praktisch irregulären Bedingungen am Abend des 12. April 2003. Der Himmel war von dünnen Wolken bedeckt, die längste Zeit war ein Halo-Ring um den Mond zu sehen. Jupiter war freisichtig gerade noch auszunehmen, und mit etwas Glück erhaschte ich Arcturus zum Startest.
Der Mond war einfach zu milchig, konnte man bei 90x noch ein halbwegs scharfes Bild sehen, war bei 180x jedoch "Waschküche". An Jupiter zeigte die Optik bei 180x wenigstens noch die zwei Hauptbänder, und indirekt konnte ich zwei Monde erhaschen. An Arcturus konnte ich ein wenig Startesten: Justierung relativ gut gelungen, die optische Achse war bei 180x noch im zentralen Bereich des Feldes. Leichter Astigmatismus war festzustellen, die Sphärische Aberration zeigte Überkorrektur, aber während des Tests ein relativ konstantes Maß, und etwas viel davon. Mehr war an diesem Abend nicht zu wollen.
Am 13. 4. hatte ich ein paar Stunden Zeit, und nahm mir den GSO vor. Die Hauptspiegelzelle war ruck-zuck ausgebaut. Ich entfernte auch die Halteklammern des Spiegels und sah mir die Lagerung genauer an. Oh, der Spiegel war mittels Korkplättchen seitlich "zentriert", ich würde aber sagen: eingezwickt. Mit einem kleinen Messer habe ich diese Korkplättchen entfernt, und siehe da, der Spiegel hat sogar seinen Abdruck im Kork hinterlassen. Die Auflagefächen des Spiegels sind ebenfalls drei Korkplattl, der Spiegel wird praktisch nur ganz außen am Rand gehalten. Ok, das mag für einen 8-Zöller noch so gehen.
Die Begutachtung des Spiegelsubstrates und auch das beobachtete thermische Verhalten deuten auf BK7 Glas hin. Nun setzte ich den Spiegel wieder in seine Zelle, und montierte die Halteklammern aus Gummi. Diese zentrieren den Spiegel ohnehin, er hat nur ganz geringes Spiel, und kann sich beim Schütteln der Zelle ein wenig bewegen. Das ist ok so. Ich achtete noch, dass die Halteklammern den Spiegel auch oben nicht berühren. Anschließend baute ich die Spiegelzelle wieder ein. Jetzt war natürlich die Optik neu zu justieren. Nach einiger Spielerei zeigten Cheshire Okular und Laser gleichermaßen gute Justierung an, ok für einen weiteren Test.
Am gleichen Tag schaute ich mir auch den Leitz näher an. Beim Ausbauen der Hauptspiegelzelle ließen sich einige Schrauben nur schwer lösen und kamen gleich mit "gefressenem" Gewinde heraus. Naja, schlecht positionierte Löcher, teilweise doppelt gebohrt, das schaut nicht grad professionell aus. Eine dieser Schrauben musste ich sogar durch ein Exemplar aus meiner Sammlung ersetzen, weil das Gewinde überhaupt nicht mehr fassen wollte.
Der Hauptspiegel saß richtig in seiner Zelle, mit etwas Luft zu den Halteklammern. Der äußerste Rand des Spiegels, der etwas überdimensioniert ist, wird von einem Blendring abgedeckt. Man sieht dadurch auch keine Halteklammern im stark defokussierten Beugungsbild. Keine blöde Idee, kann man so ja den Kantenfehler des Spiegels (Turned Edge) sicher vermeiden. Diesen Abdeckring findet man übrigens so auch am Meade Schmidt-Newton.
Ich baute den Hauptspiegel komplett aus. Das Spiegelsubstrat sah milchig aus, es dürfte sich um ein "low expansion" Material handeln, gemeinhin sagt man "Pyrex" dazu, auch wenn es nicht Pyrex sei. Dies würde sich auch mit dem beobachteten thermischen Verhalten decken, der geringen Änderung der Sphärischen Aberration während des Austemperierens.
Nun brachte ich eine Mittenmarkierung am Hauptspiegel an, indem ich zuerst die Mitte mit einem Punkt markierte, und dann ein weißes Selbstkleberingerl schön zentriert um den Punkt aufklebte. Den markierten Punkt entfernte ich anschließend mit einem Wattetupfen und einem Tropfen Alkohol. Mit dem Wiedereinbau des Hauptspiegels und der Spiegelzelle war die "Servicearbeit" getan, es stand nur mehr eine ordentliche Justierung an.
Dabei erlebte ich noch meine blauen Wunder. Der Spiegel saß zwar schön konzentrisch unter dem Cheshire Okular, doch die Geschichte wollte und wollte nicht mit der Laserjustierung zusammenpassen. Bis ich einmal mit einem klassischen Sight-Tube (abgeschnittenes Filmdoserl mit Guckloch im Deckel) inspizierte. Da bemerkte ich, dass ich den Fangspiegel schief reinpositioniert hatte. Aha. So also. Ich korrigierte die Position, bis es mit dem Filmdoserl richtig aussah, und plötzlich passte auch die Laserjustierung dazu. Allerdings durfte ich weder Cheshire noch Laser wirklich klemmen, dabei wurden diese immer wieder schief gedrückt und damit war die Justierung wieder daneben. Mit viel Geduld, List und Tücke gelang es mir aber ein Ergebnis zu erreichen, wo Laser und Justierokular gleichermaßen "gut" waren.
Am Abend dieses Tages gab es klaren Himmel, und Walter kam zu mir, um einen direkten Paralleltest zu veranstalten. Walter nahm dabei den GSO auf seine GP-DX, der Leitz kam auf meine SP-DX.
Beide Optiken zeigten nun durchaus saubere Justierung, Walter war recht zufrieden mit meinen Ergebnissen. Der GSO erwies sich nun frei von Astigmatismus und Verspannung, nur das einseitig verdepschte Beugungsbild störte immer noch. Ein kurzer Check zeigte, dass es sich nicht um Tube Currents handeln konnte, auch wenn es entfernt danach aussah. Sollte denn die Halteklammer am Fangspiegel diesen Effekt verursachen - Sterne mit "Stengel"?
Der Leitz zeigte sich perfekt justiert, wies ein wenig Astigmatismus auf, und das schon von mir diagnostizierte Ausmaß an Sphärischer Aberration, etwas zu viel für eine wirklich gute Optik. Ansonsten sahen wir feine Sterne, halt mit den typischen, durch die vierarmige Spinne verursachten vier Spikes, und einen durchaus noch detailreichen Jupiter. Diese Details zeigte auch der GSO. Auffallend war ein helles und farbneutrales Bild im GSO, der Leitz wies ein rötlich gefärbtes Bild auf, das auch etwas dunkler wirkte. Im direkten Vergleich war der Farbunterschied frappierend. Die Spiegelbeschichtung des Leitz reflektiert im blauen Bereich wohl nur schwach, was einer Filterwirkung gleich kommt. Nun ist ein Zartrot-Filter aber nicht wirklich wünschenswert, wo das nachtadaptierte Auge doch seine maximale Empfindlichkeit im blaugrünen Bereich hat.
An Jupiter hielten beide Teleskope brav her, GRF, einige Strukturen in den Wolkenbändern, gar nicht so schlecht bei durchaus brauchbarem Seeing (GSO 177x, Leitz 180x) An M3 zeigten, trotz des mondhellen Himmels, beide Optiken indirekt Einzelsterne, im GSO jedenfalls waren sie leichter zu erkennen.
Im kritischen Startest, zum Abschluss, wies der GSO eine nur geringe Überkorrektur der Sphärischen Aberration auf, als einziger Makel blieb das verformte Beugungsbild. Der Leitz brachte noch eine kleine Überraschung: Er wies ein gewisses Maß an Sphärischer Aberration höherer Ordnung auf - genau wie ich das schon am 10" Skywatcher Spiegel gefunden haben. Na, würd' mich nicht wundern, wenn beide Spiegel von derselben Poliermaschine kämen...
Fazit dieser Testnacht: Am Leitz war alles ausgereizt, er gab alles was diese Optik zu geben vermag. Am GSO war noch ein Problem zu beheben.
Am Abend des 14. 4. fasste ich mir den GSO noch einmal her. Nachdem wir die Halteklammer am Fangspiegel in Verdacht hatten, diesen üblen Bildartefakt zu verursachen, stand hier ein Versuch an. Ich baute einmal den Fangspiegel samt Spinne aus. Dabei konnte ich die Oberfläche des Fangspiegels inspizieren - erfreulich gut. Am Rand fanden sich ein paar Fettspuren, die konnte ich problemlos wegputzen. Und die Halteklammer? Ich entfernte sie, um zu sehen ob der Fangspiegel leicht aus seiner Halterung kommen würde. Nichtsdergleichen, nur mit sanfter Gewalt würde man den Fangspiegel aus seiner Kunststoffhalterung nehmen können. Zur Behebung des Problems bog ich die Halteklammer etwas auf, dass der Spiegel nur mehr an der abgefasten Kante "gefangen" wird, sollte er sich lösen wollen. Nichts mehr ragt nun in die Fläche des Fangspiegels. Nach dem Wiedereinbau des Fangspiegels stand natürlich eine neue Justierung an, die ich aus Zeitmangel nur notdürftig genau hinbekam.
Am Abend des 15. 4. glücklicherweise klarer Himmel. Auf kurzfristige Vereinbarung kam am späten Abend Herr Z. zu mir. Er hatte seine HEQ5 dabei, und nahm den GSO auf diese Montierung, den Leitz hatte ich schon auf meiner SP-DX montiert. Nun kam es zum endgültigen "Showdown" der zwei Achtzöller.
Hurra, jetzt war der GSO frei von allen Bildartefakten, quasi "geheilt". Er zeigte schöne, runde Beugungsbilder, und ansonsten feine Bilder von Jupiter, trotzte dem weniger guten Seeing an Jupiter bei 200x noch etliches Detail ab. Der Leitz hielt an Jupiter bei niedrigeren Vergrößerungen lange gut mit, trotz des auffallend dunkleren und rötlichen Bildes, bei 180x allerdings wollte sich kein scharfes und zufriedenstellendes Bild mehr zeigen. Hier war die Abbildung durch das Seeing "gekippt", der GSO hielt mit seiner besseren Optik noch leichter dagegen. Im Startest sonst keine Auffälligkeiten mehr, alles wie gehabt.
Nachdem nun beide Teleskope ihre jeweils bestmögliche Abbildung leisteten, war für mich nichts mehr zu tun. Herr Z. hat beide Teleskope mitgenommen, der Test war damit für mich beendet. Dass sich Herr Z. letztlich für den GSO entschieden hat, war für mich keine sonderliche Überraschung. Nicht dass der Leitz einen hundsmiserablen Eindruck hinterlassen hätte, der GSO war halt in allen Belangen für den vorgesehenen Einsatzzweck die bessere Wahl. "Freundlicher" zur HEQ5 Montierung, weil kompakter und etwas leichter, zudem eine "schnelle" Foto-Optik. Einen 2" Fokussierer würde ihm Herr Z. wohl noch zukommen lassen, so seine Worte.
Nehmen wir uns den GSO nochmals geistig vor: Die Korkplattln, die den Hauptspiegel verspannt haben, und die grobe Halteklammer am Fangspiegel, die einen beugungsbedingten Bildartefakt verursacht, sind in meinen Augen eher "Transportsicherung" als sonst etwas. Diese Dinge waren hauptverantwortlich für die schlechte Abbildungsleistung. Dass diese extrem schnelle Optik auch extrem justierkritisch ist, versteht sich von selbst. Ohne Komakorrektor ist das Leben auch visuell im unteren und mittleren Vergrößerungsbereich schwer. Koma ist freilich sichtbar, und verlangt zudem nach gut korrigierten Okularen. Durch die starke Bildfeldwölbung ist bei niedriger Vergrößerung kaum das gesamte Feld scharf überblickbar, so viel kann das Auge nicht akkommodieren. Ein guter Komakorrektur, wie z.B. der Paracorr von TeleVue, würde auch in dieser Hinsicht was bringen.
Ein kleines Manko stellt der BK7 Spiegel dar, weil sich die Korrekturwerte, und damit die Fokuslage, während des Austemperierens stark ändern. Andererseits ist der Spiegel fein auspoliert, schaut sehr glatt aus - die Beugungsringe wirken wie mit Honig gezogen, und ist für eine derart schnelle Optik erstaunlich gut korrigiert, und ansonsten tadellos in Ordnung, mit ausreichendem Abstand zum "Diffraction Limit". GSO Spiegel gibt es aber auch in "Pyrex", um es salopp zu sagen. Wenn die auch so fein poliert und korrigiert sind, ist die Optik aus meiner Sicht empfehlenswert. Von einer Optik soll man nicht auf alle schließen, klar, man hört aber immer wieder von guten GSO Spiegeln. Es wird im Kern was Wahres dran sein. Ein schlechter Spiegel wäre damit kein "Schicksalsschlag", sondern Reklamationsgrund, so einfach sehe ich das.
Sucher, Fokussierer, Spinne sind bei neueren Modellen geändert, damit will ich diesbezüglich keine Kritik üben. Nicht recht gefallen haben ansonsten die klappbaren Rohrschellen. Um den Tubus rotieren zu können, musste man beide Schellen komplett öffnen und sogar aufklappen. Das ist etwas umständlich. Zudem fanden sich an der Oberseite der Rohrschellen keine Gewindebohrungen für die Befestigung eines Leitrohres. Ob dies bei neueren Modellen "nachgeholt" wurde, kann ich nicht sagen. Der Tubus sieht ansonsten durchaus gut verarbeitet und vertrauenserweckend aus.
Um es offen zu sagen, den kompakten schwarzen GSO habe ich im Laufe des Tests sogar sowas wie "lieb gewonnen". Es hat durchaus Spaß gemacht, damit zu beobachten, auch an Jupiter. Das Bild war meines Erachtens besser, als ich es von etlichen 8" Schmidt-Cassegrain Teleskopen in Erinnerung habe.
Lassen wir nun den Leitz Revue passieren. Obwohl der Tubus
mechanisch einen durchaus soliden Eindruck hinterlässt, gab es zwei schwere
Fehler, und einen leichten: Die falsch gebohrten Schraubenlöcher für die
Justierschrauben des Fangspiegels, und die vorstehende Niete im 2" Auszug.
Der Fangspiegel wäre in der gelieferten Version überhaupt nicht richtig
justierbar gewesen. Und, was hilft ein 2" Auszug, wenn ich keine 2"
Okulare reinstecken kann, weil eine Niete zur Befestigung der Zahnstange im Weg
steht. Diese Probleme brauchen Werkstättenausrüstung zur Behebung. Mit dem
leichten Fehler beziehe ich mich auf die schlecht gebohrten Löcher am Tubus zur
Befestigung der Hauptspiegelzelle. Diese runden nur den Eindruck einer
mangelhaften Fertigung ab. Irgendwie komisch an der Mechanik: alles metrische
Gewinde, aber zum Betätigen der Schrauben braucht's zöllige
Sechskantschlüssel...
Die Rohrschellen waren soweit ok, mit etwas Lockern der Schrauben konnte man den
Tubus drehen. Auch hatten die Rohrschellen oben Schraublöcher zur Aufnahme
eines Leitrohres.
Dass der Hauptspiegel keine Mittenmarkierung hat, ist verschmerzbar, so etwas kann man mit geringem Aufwand selbst bewerkstelligen, mich hat's grad eine knappe Stunde Arbeit gekostet.
Durch die längere Brennweite wirkt die Optik beim Beobachten angenehmer, nicht so "angespannt". Man könnte durchaus ohne Komakorrektor leben. Klar, eine perfekte Justierung und hochwertige Okulare verlangt auch diese Optik. Leider hat die Qualität der Optik nicht restlos überzeugen können. Der geringe Astigmatismus wäre zu verschmerzen, auch der diagnostizierte breite Zonenfehler (Sphärische Aberration höherer Ordnung) spielt keine allzu große Rolle - wohl, kontraproduktiv in Zusammenhang mit einem Komakorrektor wäre er allemal. Was wirklich auf die Performance drückt, ist die Sphärische Aberration: das ist einfach zu viel, meines Erachtens nach kratzt die Optik grad einmal an der Beugungsgrenze, mehr nicht. Auch hier sollte man nicht von einer Optik auf alle schließen. Vielleicht hatte ich in diesem Sinne "Pech". Weniger glücksbedingt erscheint wiederum die Verspiegelung, die zu dem auffallend rotstichigen Bild führt. Es ist einfach nicht das Ideal bei der visuellen Beobachtung, alles durch ein leichtes Rotfilter zu betrachten. Das Bild wirkte auch dunkler als im GSO.
Wenn nun in den oberen Absätzen des Testberichts zu lesen ist, dass der Leitz durchaus auch schöne Details an Jupiter gezeigt hat, so ist das kein Widerspruch zu den gerade getätigten Äußerungen. Im Gegenteil, es untermauert diese. Bis etwa 180x gibt es durchaus gute Abbildung am Planeten. Diese Vergrößerung liegt aber immer noch über 1mm Austrittspupille. Und wenn man weiter vergrößert, wird das Bild rasch "weich". Auch kippt die Abbildung seeingbedingt rascher als bei einer qualitativ besseren Optik.
Angesichts des Preises, wo so ein Tubus allein grad einmal ein paar hundert Euro kostet, mag man darüber hinwegsehen. Letztlich zeigt die Optik immer noch mehr als die vielfach als Einsteigergeräte bezeichneten 4.5" Newtons. Kommt immer drauf an, welche Ansprüche man stellt. Um so mehr überraschte in dieser Beziehung der GSO.
Was noch zu sagen bleibt, sind ein paar Worte zu den Testbedingungen. Alle Tests spielten sich bei recht milden, frühlingshaften Nachttemperaturen ab, etwa um die 8 Grad Celsius. Die Teleskope waren bei Testbeginn thermisch nahezu adaptiert, hatten nur wenige Grad Anpassung notwendig. Alle Tests erstreckten sich über einen Zeitraum, wo die Optiken letztlich sicher austemperiert waren. Ausreizen von Deep-Sky Beobachtung war nicht möglich, bei einem Mond der "seiner Vollmondigkeit" zustrebt. Aber Jupiter ist ein guter Kontrastprüfer, M44 ein heller Glitzerhaufen, den es einmal schön zu zeigen gilt, und der rötlich-gelbe Arcturus ist ein sehr angenehmer Startest Stern, vor allem wenn ein Zeiss Abbe Okular im Auszug steckt... :-)
#owdii
Alle Fotos: Gerald Rhemann, Astrostudio Kamera.